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Ikonoklasmus - als Einschreibung von Zeit in Artefakte  
   
   

In meiner Künstlerischen Forschung setze ich mich mit der Einschreibung von Zeit in Artefakte auseinander. Dabei beziehe ich mich auf die Geschichte des Ikonoklasmus. Ein Bild scheint mehr als eine Abbildung zu sein auf Grund seiner Fähigkeit etwas in sich aufnehmen zu können und dieses nach aussen zu repräsentieren. Darum wurden Bilder verehrt oder zerstört. Und Künstler*innen können genau diesen bildnerischen Mehrwert erzeugen. Dieser Mehrwert wurde von den Auftraggebern für die Repräsentation gefordert. Entsprechend wurden die Bilder als Heiligtümer geschützt. Und dieser Mehrwart war gleichzeitig immer das Ziel der Bildzerstörung als Ikonoklasmus.

In den gängigen Diskursen wird Abstraktion in der Kunstgeschichte weitgehend mit der Moderne assoziiert. Was aber wenn es eine verschollene Geschichte der Abstraktion gäbe, die bereits seit 4000 Jahren meist im Hintergrund triggert? Den Beginn dieser abgelegenen Geschichte könnte man mit der Mosaischen Gesetzgebung und dem darin verankerten Bildverbot konstatieren. Adaptiert in verschiedenen, monotheistischen Religionen hat dieses Gebot immer wieder zu ikonoklastischen Interventionen an Kunstwerken geführt (z.B. Bildverbot im Islam, dadurch Entwicklung des Ornaments und einer typografischen Bildhaftigkeit; zwei Byzantinische Bilderstreite zur Entwicklung der Ikone; Reformation mit der Leerung der Kirchen und der Wiederentdeckung des leeren Raums). Diese Geschichte zieht bis heute durch die Jahrhunderte. Kürzlich ist sie wieder an der Oberfläche aufgetaucht als Zerstörung von Kunstwerken und Architektur (z.B. Zerstörung den Buddha Figuren durch die Taliban; von Palmyra und anderen historischen Artefakten durch den IS). Oder in 2019 wird in Zürich das Zwinglianische Reformationsjubiläum gefeiert. Vor genau 500 Jahren wurden die Bilder aus dem Grossmünster entfernt, mitunter auch mutwillig zerstört und verbrannt. Bis heute kommt das Grossmünster weitgehend ohne Bilder aus - sucht aber immer wieder die Nähe zur „Bildenden“ Kunst.

Jenseits einer Abstraktionsgeschichte der Moderne setze ich mich in meiner Arbeit mit dieser verschollenen Geschichte der Abstraktion durch Ikonoklasmus auseinander. Künstler*innen produzieren Bilder. Bildzerstörer sind aber weitgehend keine Künstler*innen. Was nun, wenn Künstler*innen die Bilder nicht von anderen zerstören lassen, sondern sich selbst das Recht nehmen, die Bilder wieder „rückwärts zu produzieren“, zu reduzieren, bis hin zu deren Zerstörung? Das wäre die Produktion eines „Wenigerwert“ als Mehrwert. Könnte das auch ein künstlerische Äusserung sein?

Mit dem Zeitalter des Internet befinden wir uns auch in einem Iconic Turn. Kommunikation wird zunehmend mit Bildern geführt statt mit Text. Damit sind einerseits zeichenhafte Bilder wie Icons , Emojis etc. gemeint. Andererseits gibt es auch eine Flut an stereotypen Bildern die Inhalte kommunizieren und gleichzeitig reduzieren wie z.B. Selfies. Man kann daher nicht nur einen Schwenk von Text zum Bild, sondern auch vom komplexen, künstlerischen Bild zu einem sterotypischen, homogenen Bild konstatieren. Insofern findet auch hier eine Bildzerstörung der komplexen Bildwelten statt mittels der Kaperung des Ortes von Bildern durch massentaugliche Bildstandards.

Das digitale Bild kann zudem massenhaft ausgewertet werden. Einerseits um das Konsumentenverhalten zu steuern - andererseits aber auch zur Überwachung dieser. Ein Symbol hierfür ist die Überwachungskamera. Um historische und gegenwärtige Ikonoklasmen miteinander abzugleichen aktiviere ich digitale Verrechnungen für meine Bildarbeit. Die einzelnen Bilder werden einer digitalen Stauchung unterzogen. Der Rechner wird als Simulationsmaschine verstanden. Um Simulationen zu enttarnen werden von mir Funktionsweisen des Computers dysfunktionalisiert. In Grafikprogrammen wird die digitale Maschine durch Überstrapazierung zur algorithmischen Fehlfunktion getrieben. So wird die Differenz aus Simulierendem und Simuliertem provoziert. Im absturznahen Bereich des Rechners wird das visuellen Stottern von algorithmischen Verrechnungen gesammelt und für die Bildarbeit verwendet.